Das 6-Stunden-Rennen auf dem Circuit Spa-Francorchamps begann vor groĂer Kulisse: Mehr als 88.000 Zuschauer hatten den dritten Saisonlauf der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC ĂŒber das Wochenende besucht. Bei frĂŒhlingshaften Temperaturen von 23 Grad Luft- und 32 Grad Asphalttemperatur teilte sich das Rennen in zwei Teile ĂŒber insgesamt fast neun Stunden: einen vor und einen nach einer gut 120-minĂŒtigen Pause.
Eine Kollision hatte nach vier Stunden und 15 Minuten eine Unterbrechung mit der Roten Flagge erforderlich gemacht: Leitplanken auf der Kemmel-Geraden mussten ersetzt werden. Erst um 19:15 Uhr Ortszeit konnte das Geschehen auf der Strecke fĂŒr weitere 104 Minuten fortgesetzt werden. Zu diesem Zeitpunkt lag der Porsche 963 von Proton Competition auf Rang drei. Julien Andlauer aus Frankreich und der Schweizer Neel Jani hatten den ersten Rennabschnitt ĂŒber weite Strecken angefĂŒhrt. Wie viele andere Fahrzeuge musste der Prototyp des Kundenteams nach dem Restart jedoch zum Tanken an die Box und fiel dadurch auf Rang neun zurĂŒck. In der Folge setzte Andlauer zu einer entfesselten Aufholjagd an, die ihn noch auf Rang fĂŒnf fĂŒhren sollte. Dabei drehte der frĂŒhere Porsche-Junior in 2.06,459 Minuten auch die schnellste Rennrunde.
Besser lief es fĂŒr den 963 mit der Nummer 12 von Hertz Team Jota und das Nummer-6-Werksauto von Porsche Penske Motorsport: Beide hatten ihren vorletzten Boxenstopp bereits kurz vor der Unterbrechung absolviert. Dadurch rĂŒckten sie schnell auf die PlĂ€tze eins und zwei vor. Somit stand fest: Den Sieg wĂŒrden diese beiden Hybridprototypen aus Weissach unter sich ausmachen. Jota-Schlussfahrer Callum Ilott blieb auch trotz eines energisch attackierenden KĂ©vin Estre unbeirrt. Beim letzten Reifenwechsel 45 Minuten vor Rennende setzte Porsche Penske Motorsport deshalb auf eine abweichende Strategie und vier neue Pneus fĂŒr den entscheidenden Schlussspurt. Der taktische Kniff blieb unbelohnt. Nach ihrem Erfolg beim Saisonauftakt in Katar fuhren Estre (Frankreich), der Belgier Laurens Vanthoor und AndrĂ© Lotterer aus Deutschland wie zuvor in Imola als Zweite ĂŒber die Ziellinie. Das Trio konnte damit seine TabellenfĂŒhrung in der Fahrerwertung weiter ausbauen. Platz eins ging an Ilott und seinen britischen Teamkollegen Will Stevens. Es ist der erste Sieg eines Porsche-Kundenteams mit dem 963.
Der andere Werks-Porsche 963 von FrĂ©dĂ©ric Makowiecki, Michael Christensen und Matt Campbell hatte zum zweiten Mal in der noch jungen Saison ein WEC-Rennen von der Pole-Position aufgenommen. Startfahrer Makowiecki konnte die FĂŒhrung zunĂ€chst verteidigen. Nach gut 40 Minuten musste der Franzose in einer unĂŒbersichtlichen Ăberrundungssituation aber dem Porsche von Julien Andlauer den Vortritt lassen. SpĂ€ter ging auch der Ferrari mit der Startnummer 51 vorbei. Kurz vor Rennhalbzeit setzte der DĂ€ne Michael Christensen mit dem Auto ausgangs der schnellen âBlanchimontâ-Linkskurve auf einem Curb auf und touchierte seitlich die Streckenbegrenzung. Durch den Aufprall schaltete das Hochvolt-Hybridsystem aus SicherheitsgrĂŒnden ab. Dies bedeutete das vorzeitige Aus fĂŒr die Nummer 5.
âWir haben vermutlich eines der verrĂŒcktesten Sportwagenrennen der jĂŒngeren Vergangenheit erlebtâ, so Urs Kuratle, Leiter Werksmotorsport LMDh. âEs gab einige gröĂere UnfĂ€lle, die alle Beteiligten schadlos ĂŒberstanden haben â das ist erstmal die Hauptsache. GroĂe Gratulation an Hertz Team Jota: Das war eine mega Vorstellung, der Sieg ist absolut verdient. Auch Proton Competition hat mit dem Porsche 963 eine top Vorstellung abgeliefert und ĂŒber lange Zeit im Rennen sehr gut ausgesehen, am Ende aber Pech mit der Roten Flagge gehabt. Wir selbst stehen erneut als Zweitplatzierte auf dem Podium. Im Hinblick auf Le Mans fĂŒhlen wir uns erstklassig vorbereitet.â
âAuch wenn wir uns stets auf die nĂ€chste Herausforderung freuen, so sind wir doch auf die 100. Pole-Position fĂŒr das Team Penske im Langstreckensport stolz. Sportwagenrennen bilden einen wichtigen Teil in der Geschichte unseres Teams, das damit einen wichtigen Meilenstein erreicht hatâ, betont Roger Penske, GrĂŒnder und Vorsitzender der Penske Corporation. âIn dem Erfolg von Porsche Penske Motorsport in dieser Saison spiegelt sich die harte Arbeit und der volle Einsatz aller Team-Mitglieder wider. Jetzt nehmen wir unser nĂ€chstes Ziel ins Visier: den 100. Sieg fĂŒr Penske im Sportwagensport.â
LMGT3-Klasse: Auch die Porsche 911 GT3 R fahren auf Platz eins und zwei
FĂŒr das Porsche-Kundenteam Manthey PureRxcing fĂŒhlte sich bereits der Start ins Rennen wie der erste Sieg an: Nach einem schweren Unfall in der Hyperpole-Qualifying-Sitzung musste der GT3-Rennwagen mit der Nummer 92 ĂŒber Nacht neu aufgebaut werden. Gegen sieben Uhr morgens war die Arbeit vollbracht. In die 6 Stunden von Spa ging der Brite Alex Malykhin von Rang acht und kĂ€mpfte sich im weiteren Verlauf wieder nach vorne. Mit dem Schwesterauto von Manthey EMA hatte der Australier Yasser Shahin in der Hyperpole-Sitzung die viertschnellste Zeit gesetzt. Vor der Rennunterbrechung gelang auch dank des furios fahrenden Morris Schuring (Niederlande) bereits der Sprung auf Rang eins.
Nach dem Restart entbrannte ein spannender Krimi um den Sieg zwischen beiden Manthey-Rennwagen und den Lamborghini. Die Entscheidung fiel in der allerletzten Runde: Das fĂŒhrende Iron Lynx-Fahrzeug musste noch einmal zum Tanken stoppen. Der PureRxcing-Porsche von Klaus Bachler hatte mit seinem Treibstoff besser hausgehalten. Um sich gegen seinen von hinten heranstĂŒrmenden Landsmann Richard Lietz zu wehren, fehlten dem Ăsterreicher aber die letzten Reserven. Somit ging Platz eins an Lietz, Schuring und Shahin vor Bachler, Joel Sturm (Deutschland) und Malykhin.
âNach dem Wiederaufbau unseres Nummer-92-Porsche quasi ĂŒber Nacht war das ein extrem intensives Rennwochenendeâ, so Nicki Raeder, GeschĂ€ftsfĂŒhrer Manthey. âTrotzdem konnten wir hier auf Sieg fahren. Das Schwesterauto mit der 91 hatte am Ende einfach mehr Kraftstoffreserven ĂŒbrig, wĂ€hrend der andere 911 GT3 R krass Benzin sparen musste, um die Lamborghini im Schach zu halten. Ich bin extrem stolz auf die ganze Truppe. Das war eine ganz besondere Team-Leistung.â
Der nÀchste Lauf der diesjÀhrigen Langstrecken-Weltmeisterschaft ist gleichzeitig der Höhepunkt der WEC-Saison: die 24 Stunden von Le Mans am 15. und 16. Juni.
Fahrerstimmen nach dem Rennen
Laurens Vanthoor (Porsche 963 #6): âDieses Mal hatten wir angesichts der schwierigen Bedingungen das GlĂŒck an unserer Seite. Wir haben aber auch alles dafĂŒr getan, um uns in die entsprechende Ausgangslage zu bringen. Mit Blick auf die Meisterschaft nehmen wir einen weiteren zweiten Platz gerne â WM-FĂŒhrende zu sein, das hört sich gut an. Trotzdem steht uns fĂŒr das nĂ€chste Rennen in Le Mans noch Arbeit bevor.â
Michael Christensen (Porsche 963 #5): âIch hatte ein Problem in der ,Blanchimontâ kurz vor dem Ende der Runde. In dieser Hochgeschwindigkeitskurve sorgte der Wind fĂŒr wechselhafte Bedingungen â mal ging sie voll, mal nicht. Ich bin etwas weit nach auĂen gekommen, war aber noch immer innerhalb der Streckenbegrenzung, als der Unterboden auf dem Randstein aufgesetzt hat. Dadurch konnte ich das Auto nicht mehr kontrollieren. Schade fĂŒr das ganze Team. Wir lagen bis dahin sehr gut im Rennen. Manchmal ziehen kleine Fehler groĂe Folgen nach sich.â
Callum Ilott (Porsche 963 #12): âUnglaublich, einfach unglaublich! Ich wusste, dass wir an diesem Wochenende stark unterwegs sein wĂŒrden. Unsere Pace war gut und wir konnten die Rote Flagge perfekt umsetzen. Am Ende des Tages haben wir davon profitiert. Manchmal lĂ€uft es einfach so, wie es soll!â
Julien Andlauer (Porsche 963 #99): âDas war das bisher beste Wochenende fĂŒr den Porsche 963 von Proton Competition. Wir konnten uns in den Trainingssitzungen zum ersten Mal in dieser Saison sehr gut vorbereiten. Das Set-up hat gepasst, die Reifen, die Strategie und das Energie-Management auch â der Rest war pures Racing. Nach der Roten Flagge sind wir zunĂ€chst von Platz drei auf Position neun abgerutscht. In den letzten zwei Stunden habe ich versucht, noch so viel wie möglich wieder aufzuholen und alles gegeben. Mehr als Rang fĂŒnf lag aber nicht mehr drin. Jetzt sind wir fĂŒr das bevorstehende Highlight des Jahres richtig motiviert.â
Morris Schuring (Porsche 911 GT3 R #91): âDas war eine Achterbahn der Emotionen â vom GefĂŒhl, den Sieg komplett zu verlieren, bis hin zu dem fantastischen Schlussspurt von Richie. Jetzt haben wir das Rennen gewonnen, einfach unglaublich.â
Joel Sturm (Porsche 911 GT3 R #92): âNach dem RĂŒckschlag am gestrigen Tag hatte ich kaum noch mit einem Start gerechnet. Aber das Team hat einen unglaublichen Job gemacht und das Auto wieder aufgebaut. Jetzt stehen wir als Zweite auf dem Podium und haben mit Manthey sogar einen Doppelsieg eingefahren â eine bessere Story lĂ€sst sich kaum schreiben. Ich bin extrem happy fĂŒr die ganze Mannschaft.â
Ergebnisse Rennen
Hypercar-Klasse:
1. Stevens/Ilott (UK/UK), Porsche 963 #12, 141 Runden
2. Estre/Lotterer/Vanthoor (F/D/B), Porsche 963 #6, 141 Runden
3. Fuoco/Molina/Nielsen (I/E/DK), Ferrari #50, 141 Runden
5. Andlauer/Jani (F/CH), Porsche 963 #99, 141 Runden
DNF Campbell/Christensen/Makowiecki (AUS/DK/F), Porsche 963 #5, 64 Runden
DNF Button/Hanson/Rasmussen (UK/UK/DK), Porsche 963 #38, 37 Runden
LMGT3-Klasse:
1. Shahin/Schuring/Lietz (AUS/NL/A), Porsche 911 GT3 R #91, 130 Runden
2. Malykhin/Sturm/Bachler (UK/D/A), Porsche 911 GT3 R #92, 130 Runden
3. Schiavoni/Cressoni/Perera (I/I/F), Lamborghini #85, 2:20, 130 Runden
TabellenstÀnde
FIA World Endurance Championship, Hersteller
1. Porsche, 83 Punkte
2. Toyota, 60 Punkte
3. Ferrari, 49 Punkte
FIA World Endurance Championship, Fahrer
1. André Lotterer/Kévin Estre/Laurens Vanthoor, 74 Punkte
2. Callum Ilott/Will Stevens, 52 Punkte
3. Kobayashi/Conway/de Vries, 46 Punkte
4. Makowiecki/Campbell/Christensen, 23 Punkte
FIA World Endurance Trophy, Teams
1. Manthey PureRxcing #92, 72 Punkte
2. Team WRT #31, 37 Punkte
3. Heart of Racing Team #27, 37 Punkte
6. Manthey EMA #91, 25 Punkte
FIA World Endurance Trophy, Fahrer
1. Malykhin/Sturm/Bachler, 72 Punkte
2. Farfus/Leung/Gelael, 37 Punkte
3. Ribeiras/Mancinelli/James, 37 Punkte
6. Schuring/Lietz/Shahin, 25 Punkte
Text- und Bildmaterial: Porsche Motorsport










